Inklusion
Wie gestaltet sich der inklusive Anspruch des KiTaG?
Der grundsätzlich inklusive Anspruch an rheinland-pfälzische Kindertageseinrichtungen ist in § 1 Abs. 2 des Landesgesetzes über die Erziehung, Bildung und Betreuung in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege (KiTaG) geregelt. Kindertagesbetreuung soll danach allen Kindern gleiche Entwicklungs- und Bildungschancen bieten, unabhängig von ihrem Geschlecht, ihrer ethnischen Herkunft, Nationalität, weltanschaulichen und religiösen Zugehörigkeit, einer Behinderung, der sozialen und ökonomischen Situation ihrer Familie und ihren individuellen Fähigkeiten.
Der inklusive Anspruch richtet sich uneingeschränkt an alle Kindertageseinrichtungen.
In der Begründung zu § 1 Abs. 2 KiTaG heißt es:
„Absatz 2 formuliert den inklusiven Anspruch, dem sich alle Kindertageseinrichtungen stellen müssen. Es ist erforderlich, auf unterschiedliche Bedarfe zu reagieren und den pädagogischen Alltag auf die jeweilige Lebenssituation und Lernbedürfnisse der Kinder und die Bedingungen des Sozialraums, in dem die Einrichtung liegt, auszurichten. Sowohl den Bildungs- und Erziehungsempfehlungen für Kindertagesstätten in Rheinland-Pfalz als auch den Qualitätsempfehlungen liegt eine inklusive pädagogische Haltung zugrunde, die berücksichtigt, dass immer mehrere soziale Gruppenzugehörigkeiten gleichzeitig zur Identität von Kindern zählen. Die Prinzipien von Gleichheit und Verschiedenheit sind im Sinne einer egalitären Differenz unauflöslich miteinander verbunden und bedingen einander. Es geht um die Berücksichtigung der unterschiedlichen Bedürfnisse, Fähigkeiten und Interessen der Kinder, ohne sie zu hierarchisieren, d. h. um Gleichheit in der individuellen Wertschätzung. Es gilt, Gleichheit zuzulassen und Differenzen gerecht zu werden.“
Das Gesetz geht also von einem weiten Inklusionsbegriff aus. Jedes Kind ist auf seine Art besonders. Heterogenität, unterschiedliche Lebens- und Familiengeschichten und Individuen gehören zum Alltag einer Kindertageseinrichtung – übrigens nicht nur unter den Kindern und ihren Familien.
Zur Unterstützung dieses inklusiven Anspruchs bei besonderen sozialräumlichen Anforderungen wird das Jugendamt im Rahmen eines von ihm erstellten Konzeptes zusätzliches Personal ermöglichen (z.B. für Kitasozialarbeit). Zum Ausgleich eines individuellen behinderungsbedingten Mehrbedarfs bietet die Eingliederungshilfe Möglichkeiten. Der Vorteil ist, die Planungsverantwortung liegt für alle Bereiche nun auf kommunaler Ebene: Bedarfsplanung nach § 80 SGB VIII, das Planungskonzept zum Sozialraumbudget sowie die Zuständigkeit für die Planung der Leistungen der Eingliederungshilfe für die unter 18-Jährigen. So können vor Ort gute und systemkonforme Lösungen gefunden werden.
Gilt der in § 24 SGB VIII und in § 14 f. KiTaG ausgeführte Rechtsanspruch auf einen Platz in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege für alle Kinder?
Der individuelle Rechtsanspruch auf Erziehung, Bildung und Betreuung in einer Kindertageseinrichtung, vorgesehen im Umfang von 7 Stunden mit Mittagessen, gilt für alle Kinder. Ebenso gilt für alle Kinder, dass die individuellen Bedingungen (z. B. bei Berufstätigkeit der Eltern) auf ein entsprechendes Angebot berücksichtigt werden sollen. Gemäß § 5 SGB VIII ist dem Wunsch- und Wahlrecht der Eltern Rechnung zu tragen, sofern nicht unverhältnismäßige Mehrkosten entstehen. Wenn die räumlichen, sachlichen und personellen Voraussetzungen (Betriebserlaubnis einer Kita) gegeben sind, kann jedes Kind in einer Kita betreut werden. Daneben werden weiterhin teilstationäre (integrative und heilpädagogische) Einrichtungen bestehen bleiben.
Welche Regelungen greifen zur Abdeckung eines behinderungsbedingten Mehrbedarfs?
Mit Inkrafttreten und Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes (BTHG) werden nach § 4 Absatz 3 SGB IX die Leistungen für Kinder mit Behinderungen oder von Behinderungen bedrohte Kinder so geplant und gestaltet, dass nach Möglichkeit Kinder nicht von ihrem sozialen Umfeld getrennt und gemeinsam mit anderen Kindern ohne Behinderung betreut werden können. Diese Regelung korrespondiert mit den Regelungen im KiTaG. Ziel sollte sein, dass Kinder mit Behinderungen oder von Behinderung bedrohte Kinder eine wohnortnahe Regeleinrichtung besuchen können.
Muss neben dem regulären inklusiven Personalschlüssel in Kitas ein individueller behinderungsbedingter Mehrbedarf abgedeckt werden, so können die Eltern nach § 75 SGB IX (Teilhabe an Bildung) bzw. § 76 SGB IX (Leistungen zur sozialen Teilhabe) unterstützende Leistungen beantragen.
Nach § 75 Absatz 1 SGB IX sind zur Teilhabe an Bildung unterstützende Leistungen zu erbringen, die erforderlich sind, damit Kinder mit Behinderungen Bildungsangebote gleichberechtigt wahrnehmen können. § 76 SGB IX regelt die Leistungen zur sozialen Teilhabe
Mit dem BTHG und dem Ausführungsgesetz zum BTHG (AGBTHG) sind die örtlichen Träger der Eingliederungshilfe und der Jugendhilfe gefordert, ihre Planungen und Leistungen abzustimmen. Denkbar wird damit ein einheitlicher Ansatz, der es ermöglicht, durch das Zusammenwirken beider Systeme strukturelle Vorkehrungen für die Aufnahme von Kindern mit Behinderungen in Tageseinrichtungen zu treffen, z.B. könnte über die Eingliederungshilfe und in Abstimmung mit der Jugendhilfe erzieherisches Personal zur Abdeckung eines behinderungsbedingten Mehrbedarfs aufgestockt werden, das für mehrere Kinder zuständig ist.
Jugendamt und Sozialamt sollten gemeinsam mit der Kindertageseinrichtung und der Familie überlegen, wie die Bedingungen gestaltet sein müssen, dass das Kind die Kindertageseinrichtung besuchen kann.
(Stand: Mai 2020 )
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