Praxisanleitung in Rheinland-Pfalz
Kindertageseinrichtungen sind als Lernort Praxis in der Ausbildung von pädagogischen Fachkräften von zentraler Bedeutung. Angehende Erzieherinnen und Erzieher in der Praxis anleiten, erfordert die Fähigkeit, Schülerinnen und Schüler zu einem Theorie-Praxis-Transfer anzuregen sowie die Reflexion der Geschehnisse in der Praxis zu fördern. Die Begegnung von Theorie und Praxis stellt nicht nur für die Schülerinnen und Schüler eine große Chance dar, sondern dient auch der Weiterentwicklung von Fach- und Hochschulen sowie Kitas.
Die Ausdifferenzierung der Ausbildung zur Erzieherin/zum Erzieher sowie die Studiengänge lassen neu über die Gestaltung und Anleitung von Praxisphasen nachdenken.
Bereits im Mai 2001 verfasste die JMK einen Beschluss zum Thema „Lernort Praxis in der Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern“, in dem sie die Notwendigkeit betont, in den Ländern Formen der Zusammenarbeit der Lernorte Praxis und Schule zu verstärken und weiterzuentwickeln.
Im Zwischenbericht von Bund und Ländern „Frühe Bildung weiterentwickeln und finanziell sichern“, der erstmalig gemeinsame Handlungsziele zur Qualitätsentwicklung in der Kindertagesbetreuung benennt, zur Praxisanleitung zu lesen:
Die Praxisanleitung ist eine zentrale Aufgabe, die von Kindertageseinrichtungen wahrgenommen werden muss. In der Praxis können die angehenden Fachkräfte wichtige Erfahrungen sammeln und Handlungskompetenzen entwickeln. Der Lernort Praxis stellt damit ein unverzichtbares Element der Ausbildung der Fachkräfte dar. Ziel ist es Kindertageseinrichtungen als Lernorte zu stärken. Dazu benötigen die Praxisanleiterinnen und Praxisanleiter, hier verstanden als Praxismentorinnen und Praxismentoren, eine entsprechende Qualifizierung sowie ausreichende Zeitkontingente für diese Tätigkeit. Spezifische Fortbildungen sollten daher verpflichtende Voraussetzung für die Praxisanleitung oder entsprechende Ausbildungsmodule sollen bereits Bestandteil der fachschulischen bzw. hochschulischen Ausbildung sein.
Die Rahmenvereinbarung Praxisanleitung
Ob ein Jahr in Vollzeit beim klassischen Ausbildungsmodell oder von Beginn an in Teilzeit bei der berufsbegleitenden Ausbildung: Ein wesentlicher Teil der Ausbildung zur Erzieherin bzw. zum Erzieher ist der Einsatz in den Kindertageseinrichtungen in Rheinland-Pfalz.
„Kitas sind als Lernort Praxis in der Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern von zentraler Bedeutung. Damit der Einstieg in den Kita-Alltag gelingt, brauchen die Azubis eine gute Begleitung durch die Praxisanleiterinnen und Praxisanleiter. Die Rahmenvereinbarung zur Praxisanleitung haben wir nun gemeinsam mit den Trägerorganisationen überarbeitet, so dass die Qualität in der Anleitung und damit der praktischen Ausbildung weiter erhöht wird. Dies ist zugleich ein weiterer Baustein, um bestehende Fachkräfte in unseren Kitas zu halten und neue dauerhaft zu gewinnen“, so Bildungsministerin Dr. Stefanie Hubig zum Abschluss der neugefassten Rahmenvereinbarung Praxisanleitung.
Die Rahmenvereinbarung regelt, welche Inhalte die Fachkräfte verpflichtend lernen müssen, wenn sie sich zur Praxisanleiterin bzw. zum Praxisanleiter weiterbilden lassen. Erst dann dürfen sie die Anleitung von Auszubildenden/Studierenden übernehmen. Sie wurde gemeinsam mit den kommunalen Spitzenverbänden, den evangelischen sowie katholischen Landeskirchen und der LIGA der freien Wohlfahrtspflege als Trägerorganisationen und damit Arbeitgeber der Fachkräfte im Jahr 2006 erstmals geschlossen und nun überarbeitet.
Bund und Länder hatten sich 2016 im Rahmen des Prozesses „Frühe Bildung weiterentwickeln und finanziell sichern“ darauf verständigt, wie die frühkindliche Bildung insgesamt qualitativ weiterentwickelt werden kann. Hierin wird die Praxisanleitung als eine zentrale Aufgabe gesehen. Mit dem KiTaG hat das Land zum einen erstmals gesetzlich verankert, dass es eine festgelegte Zeit für diese Aufgabe gibt: Für jede auszubildende oder studierende Person gibt es eine Stunde Praxisanleitung pro Woche. Mit der Überarbeitung der bestehenden Rahmenvereinbarung wurde die Praxisanleitung zum anderen qualitativ verbessert.
So sind in der Rahmenvereinbarung Kompetenzen formuliert, die die Anleitenden im Rahmen der Fortbildung, aber auch darüber hinaus entwickeln sollen. Ein besonderer Fokus liegt darin, Vorgaben der Fachschule zu kennen, die Kooperation mit der Schule aktiv auszugestalten und auch von Einrichtungsseite ein Selbstverständnis zu entwickeln, was im Rahmen der praktischen Ausbildung vermittelt werden soll. Auch die Anregung regelmäßiger Reflexionsprozesse sowie die Einschätzung und Beurteilung der Auszubildenden werden thematisiert. Durch die Festlegung der Dauer der Praxisanleiterkurse in Stunden und nicht wie bisher in Tagen können diese zeitlich flexibler gestaltet werden.
„Bei der Praxisanleitung geht es nicht nur um die Zufriedenheit der Auszubildenden, sondern auch um die der Anleitenden. Angehende Erzieherinnen und Erzieher in der Praxis anzuleiten, erfordert die Fähigkeit, Schülerinnen und Schüler zu einem Theorie-Praxis-Transfer anzuregen sowie die Reflexion der Geschehnisse in der Praxis zu fördern. Wir stellen sicher, dass die Anleiterinnen und Anleiter dafür gut gerüstet sind“, sagte Ministerin Hubig. Die Verzahnung von Theorie und Praxis diene zugleich der Weiterentwicklung von Fach- und Hochschulen sowie der Kitas selbst, denn sie fördert eine regelmäßige Reflexion auf allen Seiten.
Die Rahmenvereinbarung benennt zentrale Standards und Fortbildungsinhalte zur Gestaltung von Fortbildungen für Praxisanleiterinnen und Praxisanleiter. Die konkrete Ausgestaltung geschieht trägerspezifisch.
Der Beirat Praxisanleitung
Im Rahmen der Umsetzung der Rahmenvereinbarung zur Praxisanleitung wurde ein Beirat gegründet. Dieser hat die Aufgabe einer kontinuierlichen Begleitung, Evaluation, Anpassung an neue pädagogische Gegebenheiten und ggf. Weiterentwicklung der Rahmenvereinbarung.
Der Beirat setzt sich aus Vertreterinnen und Vertretern der katholischen Bistümer, der evangelischen Landeskirchen, der LIGA der Freien Wohlfahrtspflege, der kommunalen Spitzenverbände sowie des Bildungsministeriums zusammen.
Rahmenbedingungen der Praxisphase in Ausbildung und Studium
Die Ausbildung zur Erzieherin/zum Erzieher kann in Rheinland-Pfalz in vielfältiger Form absolviert werden. Hinzu kommen die Möglichkeiten grundständiger Studiengänge. Für Schülerinnen und Schüler, Anleiter und Anleiterinnen aber auch Träger stellt sich eine Vielzahl an Fragen wie z. B.
- Welche Praxisphasen müssen absolviert werden?
- Welche Qualifikation braucht die Praxisanleitung?
- Welche Vertragsformen im Rahmen der Anstellung sind möglich?
- Was sind die Pflichten des Trägers?
Zur Beantwortung hat der Beirat Praxisanleitung eine Übersicht zur Gestaltung der Rahmenbedingungen der Praxisphase in der Voll-, Teilzeitausbildung sowie in der berufsbegleitenden Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern und im Studiengang Bildung und Erziehung an der Hochschule Koblenz erarbeitet.
Förderung durch das Land
Mit Inkrafttreten des KiTaG endete die Gültigkeit der bisherigen Förderkriterien des Landesprogramms zur Qualifizierung und Prozessbegleitung der pädagogischen Fachkräfte und Teams in Kindertagesstätten in Rheinland-Pfalz. Fortbildungen, so auch die Fortbildung zur Praxisanleitung, werden direkt über die Auszahlung der Personalkosten nach § 25 Abs. 1 KiTaG gefördert. Weitere Informationen finden Sie auf der Seite des Landesamtes für Soziales, Jugend und Versorgung.
Links
Rahmenvereinbarung gültig vom 01.01.2006 bis 14.08.2022
Rahmenvereinbarung zur Praxisanleitung (01/2006 bis 08/2022)
Ergänzung zur Rahmenvereinbarung (01/2006 bis 08/2022)
Rahmenvereinbarung gültig ab 15.08.2022
Rahmenvereinbarung zur Praxisanleitung (ab 08/2022)
Bundesprogramm "Lernort Praxis"
Ziel des Bundesprogramms „Lernort Praxis“ war es, die Qualität in den Kindertageseinrichtungen zu steigern, indem die Praxisanleitung gestärkt wird. Darüber hinaus sollte die Zusammenarbeit mit dem Lernort Schule, der die Gesamtverantwortung für die Ausbildung der frühpädagogischen Fachkräfte trägt, gefördert werden. Verschiedene Instrumente der Kooperation wurden in dem Projekt entwickelt um eine engere Verzahnung der beiden Lernorte zu erreichen. Von August 2013 bis 2016 wurden in einer Pilotphase 76 Projekte in sieben Bundesländern mit einer maximalen Projektlaufzeit von drei Jahren gefördert.