Demokratiepädagogik und Kinderrechte

Die Kindertageseinrichtung ist ein Erfahrungsraum demokratischer Kultur auf der Grundlage der Achtung der Würde jedes Menschen. Diese Grundlage gilt für alle Menschen unabhängig von Herkunft, Alter, Aussehen, Geschlecht, Behinderung, religiöser, politischer oder sozialer Anschauungen, sozialer und ökonomischer Situation. Demokratiepädagogik ist kein zusätzlicher Arbeitsbereich in Kindertageseinrichtungen, sondern ein Element der Erziehung des Kindes zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit, wozu auch die Erziehung zu Werten wie Gerechtigkeit und Toleranz gehört. Träger, Fachberatung, Leitung, Erzieherinnen und Erzieher sowie Eltern sind gemeinsam gefordert, immer wieder an der (Weiter)Entwicklung einer Beteiligungskultur und Wertehaltung zu arbeiten. Das ist ein hoher Anspruch.

Welche Grundhaltung jedem Handeln in allen pädagogischen Berufe zugrunde liegen muss, damit demokratische Werte gelebt werden können, fassen die Reckahner Reflexionen zur Ethik pädagogischer Beziehungen zusammen:

Kind hält eine blaue Sprechblase aus Papier in der Hand und zeigt darauf.

Was ethisch begründet ist:

  1. Kinder und Jugendliche werden wertschätzend angesprochen und behandelt.
  2. Lehrpersonen und pädagogische Fachkräfte hören Kindern und Jugendlichen zu.
  3. Bei Rückmeldungen zum Lernen wird das Erreichte benannt. Auf dieser Basis werden neue Lernschritte und förderliche Unterstützung besprochen.
  4. Bei Rückmeldungen zum Verhalten werden bereits gelingende Verhaltensweisen benannt. Schritte zur guten Weiterentwicklung werden vereinbart. Die dauerhafte Zugehörigkeit aller zur Gemeinschaft wird gestärkt.
  5. Lehrpersonen und pädagogische Fachkräfte achten auf Interessen, Freuden, Bedürfnisse, Nöte, Schmerzen und Kummer von Kindern und Jugendlichen. Sie berücksichtigen ihre Belange und den subjektiven Sinn ihres Verhaltens.
  6. Kinder und Jugendliche werden zu Selbstachtung und Anerkennung der Anderen angeleitet.


Was ethisch unzulässig ist:

  1. Es ist nicht zulässig, dass Lehrpersonen und pädagogische Fachkräfte Kinder und Jugendliche diskriminierend, respektlos, demütigend, übergriffig oder unhöflich behandeln.
  2. Es ist nicht zulässig, dass Lehrpersonen und pädagogische Fachkräfte Produkte und Leistungen von Kindern und Jugendlichen entwertend und entmutigend kommentieren.
  3. Es ist nicht zulässig, dass Lehrpersonen und pädagogische Fachkräfte auf das Verhalten von Kindern und Jugendlichen herabsetzend, überwältigend oder ausgrenzend reagieren.
  4. Es ist nicht zulässig, dass Lehrpersonen und pädagogische Fachkräfte verbale, tätliche oder mediale Verletzungen zwischen Kindern und Jugendlichen ignorieren.

Quelle: https://paedagogische-beziehungen.eu/leitlinien/

Und natürlich gehört es auch zu ethischem Verhalten in pädagogischen Beziehungen, dass das Personal in Kitas und Eltern respektvoll behandelt werden.

Der Kita-Beirat ist ein Gremium, das sich um grundsätzliche Themen der Kita kümmert, bei denen es um dauerhafte Weichenstellungen oder Auswirkungen geht. Seite 8 f der Handreichung geht darauf gezielt ein.
Die Trägerumfrage des IBEB hat folglich auch ergeben, dass die vier am häufigsten genannten Themen vergangener Kita-Beiratssitzungen folgende waren: Baumaßnahmen, Kita-Konzeption, Betreuungsangebot und Essenssituation.
Bei dem Thema Kita-Konzeption ging es z. B. thematisch um die Beteiligung des Kindes, die Gestaltung von Übergängen und Kinderschutz.
Es ist gut zu sehen, dass die Kitas die Themen auswählen, die grundsätzliche Bedeutung haben und bei denen es auch von großer Bedeutung ist, dass aus ganz unterschiedlichen Richtungen drauf geschaut wird und  eine Lösung gefunden wird: aus dem  Blickwinkel von Kindern, von pädagogischen Mitarbeitenden, der Leitung, der Eltern und des Trägers.

Bei zahlreiche Anbietern finden Sie Fort- und Weiterbildungen im Bereich Partizipation, Demokratiebildung und Diversitätssensibilität. Hier werden einige aus Rheinland-Pfalz exemplarisch aufgeführt. Die Anbieter reagieren auf gemeldete Bedarfe und können grundsätzlich auch über die Programmpunkte hinaus passende Formate und Themen aufgreifen.

  • Unter dem Motto „Demokratie in Kitas stärken – mit Konzept und gut vernetzt“ bietet das Arbeitsfeld Kita das Institut für Lehrerfort- und -weiterbildung (ilf) Angebot für pädagogische Fachkräfte, Leitungen, FaKiBs oder ganze Teams verschiede Formate an, ob Einzelveranstaltung oder mehrtägige Qualifizierungen.
  • Das Sozialpädagogische Fortbildungszentrum (SPFZ) greift mit Fortbildungen – neben den Themen des Kita-Beirates – auch die Themen Kinderrechte/Partizipation und zur Kommunikation mit Kindern, Eltern sowie unter Kolleginnen und Kollegen auf.

Bei der Suche nach Fortbildungen zu unterschiedlichen Themen und Formaten des Kita-Beirates und speziell auch für FaKiBs unterstützen die üblichen Fortbildungsträger für Kitas in Rheinland-Pfalz. Dabei können unterschiedliche Zielgruppen in den Blick genommen werden: z. B. auch alle FaKiB eines Trägers oder einer Region oder auch Fortbildungen zum Thema als Team-Fortbildung. Hier die gemeldeten Ansprechstellen:

  • SPFZ (Sozialpädagogisches Fortbildungszentrum): Frau Susanne Kros (06131-967-130, E-Mail)
  • ILF (Institut für Lehrerfort- und -weiterbildung): Frau Christina Göth (06131-2845-18, E-Mail)
  • Verband der Volkshochschulen von Rheinland-Pfalz e.V.: Frau Lisa Dewes (06131-28889-18, E-Mail)
  • Darüber hinaus gibt es eine Liste von Fortbildnerinnen, die die Rahmenkonzeption für den Kita-Beirat mitentwickelt haben und ebenfalls für Fortbildungen angefragt werden können. 
  • Für Eltern bietet oder vermittelt der Landeselternausschuss Rheinland-Pfalz Fortbildungen. 

Im Ministerium für Bildung hat sich ein Arbeitskreis (AK) Demokratiepädagogik konstituiert, in den die Kita-Spitzen Vertretungen entsendet haben. Die regelmäßigen Treffen dienen dem Informationsaustausch, der Vernetzung und Weiterentwicklung von Konzepten und Formaten.

Schwerpunktthemen sind:

  • Demokratiepädagogik, Partizipation,
  • Sensibilisierung gegen Rassismus,
  • Menschenrechte: Werte und Haltung.

Mitglieder in diesem Arbeitskreis sind aktuell die Vertretungen von Städtetag, Landkreistag und Gemeinde- und Städtebund, das Institut für Bildung, Erziehung und Betreuung in der Kindheit Rheinland-Pfalz (IBEB) und das Institut für Forschung und Weiterbildung (IFW) an der Hochschule Koblenz, das ILF- Institut für Lehrerfort- und –weiterbildung, das Sozialpädagogische Fortbildungszentrum (SPFZ), der Landeselternausschuss (LEA), das Referat Kindertagesstätten im Landesjugendamt, die Landeskoordinierungsstelle „Demokratie leben!“ in Rheinland-Pfalz, die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung Rheinland-Pfalz und das Ministerium für Bildung.

Das KiTa-Gesetz formuliert in § 3 die Grundsätze der Erziehung, Bildung und Betreuung in Tageseinrichtungen, die hier auszugsweise wiedergegeben werden:

§ 3, Abs. 1: „Die Förderung des Kindes in der Tageseinrichtung umfasst seine Erziehung, Bildung und Betreuung als Individuum und Teil einer Gruppe. Dabei wirken Eltern, pädagogische Frachkräfte, Leitungen und Träger der Tageseinrichtiungen, der örtliche und der überörtliche Träger der öffenltlichen Jungendhilfe in einer Verantwortungsgemeinschaft zum Wohle des Kindes zusammen. Die Förderung soll die individuellen Bedürfnisse des Kindes und sein Lebensumfeld berücksichtigen  und ein Leben in einer demokratischen Gesellschaft erfahrbar machen, die für ihr Bestehen die aktive, verantwortungsbewusste und gleichberechtigte Teilhabe ihrer Mitglieder im Geiste der Verständigung, des Friedens und der Toleranz benötigt."

§ 3, Abs. 2: „Die Meinung und der Wille des Kindes sind bei der Gestaltung des Alltags in den Tageseinrichtungen zu berücksichtigen und die Kinder alters- und entwicklungsgemäß zu beteiligen. Zum Wohl des Kindes und zur Sicherung seiner Rechte sollen in den Tageseinrichtungen geeignete Verfahren der Beteiligung und die Möglichkeit der Beschwerde in persönlichen Angelegenheiten Anwendung finden.“

§3, Abs. 3: „Tageseinrichtungen arbeiten mit den Eltern unter angemessener Beteiligung des Kindes zusammen."


Mit dem neuen KiTaG wurde 2021 der Kita-Beirat eingeführt, der Motor und eine der Ausdrucksformen des demokratischen Miteinanders in der Kita ist:

§ 7, Abs. 1: „In jeder Tageseinrichtung ist ein Beirat einzurichten. Darin arbeiten der Träger der Tageseinrichtung, die Leitung der Tageseinrichtung, die pädagogischen Fachkräfte und die Eltern zusammen. Der Beirat beschließt Empfehlungen unter Berücksichtigung der im pädagogischen Alltag gewonnenen Perspektive der Kinder in grundsätzlichen Angelegenheiten, die die strukturellen Grundlagen einer Tageseinrichtung betreffen.“

§ 7, Abs. 2: „Der Beirat ist zu gleichen Teilen durch Vertreterinnen oder Vertreter des Trägers der Tageseinrichtung, der Leitung der Tageseinrichtung, der pädagogischen Fachkräfte und Mitglieder des Elternausschusses zu besetzen. Eine zusätzliche pädagogische Fachkraft bringt die in der pädagogischen Arbeit gewonnene Perspektive der Kinder ein.“ …


Details zur Elternmitwirkung in der Kita finden Sie hier.

Die Bildungs- und Erziehungsempfehlungen für Kindertagesstätten in Rheinland-Pfalz sind von den kommunalen Spitzenverbänden, der katholischen und evangelischen Kirche sowie der LIGA der Spitzenverbände der Wohlfahrtspflege und dem Landeselternausschuss gemeinsam mit dem Ministerium für Bildung erarbeitet worden. Sie definieren in verschiedenen Bildungsbereichen Auftrag und Ziel der Arbeit in Kitas.

Im Bildungsbereich „Gestaltung von Gemeinschaft und Beziehungen“ wird die Kita dargestellt als Erfahrungsraum,

  • in dem Vielfalt als Bereicherung erlebt wird,
  • an dem Toleranz und Respekt im täglichen Umgang erlebbar wird,
  • in dem Demokratie im Sinne eines wechselseitigen Austauschs von Meinungen erlebbar wird und Kinder sich beispielsweise im Rahmen von Kinderkonferenzen an der Gestaltung des Kita-Alltags beteiligen können.

Im Bildungsbereich „Interkulturelles und interreligiöses Lernen“ werden u. a. ausgeführt:
"Kindertagesstätten sind in besonderer Weise Orte, in denen sich Kinder und Erwachsenen unterschiedlicher sozialer Herkunft, Nationalität, Kultur und Religion unbefangen begegnen können. Die Offenheit für und die Achtung vor anderen Kulturen werden gelebt und die eigene kulturelle und religiöse Identität gewahrt."

Im Bildungsbereich „Sprache“ geht es um die Ziele und Wege

  • alle geeigneten Situationen im Alltag zu nutzen, „Kinder zum Sprechen anzuregen, sie dazu zu ermuntern, sich mit ihren Wünschen, Gefühlen und Erlebnissen mitzuteilen“,
  • „vielfältiges Anregen der sprachlichen Aktivitäten des Kindes durch den Dialog über Themen und Sachverhalte, die das Interesse der Kinder“ zu wecken und
  • „den respektvollen Umgang mit anderen Sprachen, Sprachgewohnheiten und Dialekten und die Wertschätzung der unterschiedlichen Erstsprachen der Kinder und Familien.“

Und der Bildungsbereich „Selbstständiges Lernen und Partizipation von Kindern“ legt dar, dass Kinder durch die Partizipation im Alltag der Kindertagesstätte zentrale Prinzipien von Demokratie und Partizipation erleben. Dies setze eine Haltung von Erzieherinnen und Erziehern voraus, die sich in alltäglichen Handlungen und in besonderen Methoden, wie z. B. der Kinderkonferenz widerspiegeln.

Wie sich „Partizipation“ in der Kita qualitativ entfalten soll, wird in den „Empfehlungen zur Qualität der Erziehung, Bildung und Betreuung in Kindertagesstätten in Rheinland-Pfalz“ im Kapitel „Partizipation“ (2.6) beschrieben:

  • „Die Einrichtung verfügt über angemessene Verfahren der Beteiligung aller Kinder mit unterschiedlichen Ausdrucksformen.
  • Es gibt gemeinsam erarbeitete Regeln, Rechte und Pflichten, die für das einzelne Kind, aber auch für das Zusammenleben in der Gruppe gelten, die allen bekannt sind von allen gelebt werden.
  • Es sind verstetigte Formen der Beteiligung für Kinder, methodisch der jeweiligen Entwicklung angepasst, vorhanden (z. B. Kinderkonferenz).
  • Rückmeldungen der Kinder werden erfasst und Zufriedenheit ermittelt.
  • Die Ergebnisse werden dokumentiert, ausgewertet und in der pädagogischen Arbeit berücksichtigt.“


Als Kriterien für die Umsetzung von Partizipation gelten danach:

  • „Jedes Kind hat das Recht auf seine eigene Meinung.
  • Das Kind wird als eigenständige Persönlichkeit respektiert.
  • Kinder erleben demokratische Strukturen, gestalten diese mit und übernehmen zunehmend Verantwortung.“

Das Sozialgesetzbuch VIII, das auch für Kindertageseinrichtungen gilt, legt Beteiligungsrechte von Kindern und Jugendlichen als durchgehendes Handlungsprinzip der Kinder- und Jugendhilfe fest. Seit dem 10.06.2021 regelt § 45 SGB VIII Abs. 2 Ziff. 4 als Voraussetzung für die Betriebserlaubnis, dass „zur Sicherung der Rechte und des Wohls von Kindern und Jugendlichen in der Einrichtung die Entwicklung, Anwendung und Überprüfung eines Konzepts zum Schutz vor Gewalt, geeignete Verfahren der Selbstvertretung und Beteiligung sowie der Möglichkeit der Beschwerde in persönlichen Angelegenheiten …“ zu gewährleisten sind.

Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter hat schon 2013 das Empfehlungspapier „Sicherung der Rechte von Kindern als Qualitätsmerkmal von Kindertageseinrichtungen“ herausgegeben. Das Papier macht deutlich, dass es im Wesentlichen darum geht, „dass Kinder sich an den Aufgaben des Alltags und deren Verrichtung beteiligen können und als Gestalter ihres eigenen Lebens Selbstwirksamkeit erfahren.